Collegium Cardiologicum endlich gegründet
Herzerkrankungen beim Hund
 Das Herz, was ist denn das überhaupt??
Stellen wir uns ´mal ganz dumm:
Das Herz ist ein auf die Blutbeförderung spezialisierter Muskel, aufgeteilt in eine rechte und linke Hälfte. Rein technisch gesehen, eine Saug-/Druckpumpe:
Saugen, weil es in der Erschlaffungsphase (der Diastole) Blut aus dem Körper und der Lunge ansaugt und drücken, weil es die angesaugte Blutmengen in den Körper und in die Lunge hineinpumpt.
Jede Hälfte ist noch einmal aufgeteilt in einen Vorhof und eine Kammer, beide sind in ihrem Pumpverhalten exakt aufeinander abgestimmt :
In der rechten Herzhälfte wird bei geringeren Drücken sauerstoffarmes Blut aus dem Körper angesaugt und zur Sauerstoff-Anreicherung in die Lunge gepumpt.
Links wird das sauerstoffangereicherte Blut aus der Lunge angesaugt und dann in den Körper hineingepumpt, hier herrschen dann wesentlich höhere Drücke, immerhin müssen Zellen vom Scheitel bis zur Fußsohle erreicht werden.
Damit die jeweiligen Blutmengen in die gewünschte Richtung geleitet werden, befinden sich an den Kammerausgängen sowie zwischen Vorhöfen und Kammern Klappenmechanismen.
. Herzklappen, von außen betrachtet
Ich weiß nicht so recht die exakten Leistungsdaten beim Hund (sind natürlich von der jeweiligen Größe abhängig), aber Werte vom Menschen mögen verdeutlichen, was die “Pumpe” leistet:
100.000 Schläge pro Tag 365 Millionen Schläge in 10 Jahren
pro Schlag 60 ml Fördermenge 22 Millionen Liter/10 Jahre.
Das Herz schlägt bei uns (erwachsenen) Menschen regelmäßig, bei Unregelmäßigkeiten stimmt etwas nicht. Beim Hund ist dies genau umgekehrt!!!
Unregelmäßiger Rhythmus ist völlig ok.
Er ist Ausdruck einer extrem schnellen Anpassung auf die sich ändernden körperlichen Belastungen.
Bei einer durchschnittlichen Herzfrequenz von 100 Schlägen pro Minute schlägt das Herz 140000 mal pro Tag. Nachts kann die Frequenz um 20 Schläge pro Minute sinken. Auch sind Pausen von zwei bis vier Sekunden dann normal. Unter starker Belastung kann die Herzfrequenz jedoch auf Werte von bis zu 280 pro Minute ansteigen. Die Herzfrequenz kleiner Hunderassen (100-160/min) ist höher als die der großen Rassen (60-100/min).
Das Herz benötigt für sich selbst natürlich auch sauerstoffreiches Blut und erhält dieses über die Herzkranzgefäße. Bestehen hier Verengungen, kommt es zum Herzinfarkt, aber der spielt bei Hunden nicht wirklich eine Rolle.
Probleme bereiten uns andere Arten von Herzerkrankungen:
Angeborene Herzerkrankungen
Aortenstenose: Die Aortenklappe ist die Klappe zwischen linker Kammer und der in den Körper ausleitenden Aorta. Hier herrscht ein Druck von bis zu 140 mm Hg.
(Entschuldigung, Stenose heißt Verengung). Sie ist die häufigste angeborene Herzerkrankung
Es kommt dabei im Bereich des Überganges vom Herz in die Aorta zu Fehlbildungen der Klappensegel und/oder bindegewebigen Wulstbildungen. Das Herz muß dadurch gegen einen erhöhten Widerstand anpumpen, was zum einen dazu führt, daß der Bedarf an Blut unter Belastungsbedingungen nicht gewährleistet wird, es kommt zu fehlender Ausdauer, Belastungsminderung, Synkopen (plötzliches Umfallen) oder Herzrhythmusstörungen. Andererseits nimmt die Herzmuskelmasse zu, als Versuch, den notwendigen erhöhten Druck aufzubauen. Dies führt auch wieder zu Problemen: Verschlechterung der Herzdurchblutung, Rhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod. Es werden verschiedene Schweregrade unterschieden.
Was kann man tun?? Neben körperlicher Schonung, der Gabe von Beta-Blockern kann –je nach Lage der Engstelle- versucht werden, über eine Katheteruntersuchung mittels einem kleinen Ballon die Klappe aufzudehnen. Beim Menschen würde man ab bestimmten Stenosegraden eine künstliche Herzklappe einsetzen.
Die Diagnose erfolgt (unsicher) über das Abhorchen und (wesentlich sicherer) mit Hilfe der Herz-Ultraschalluntersuchung.
Die Anlage für eine AS ist angeboren. Die vollständige Ausbildung der AS erfolgt erst während des Wachstums, erst nach deren Abschluß sollte die vollständige Untersuchung erfolgen.
Es wird ein gehäuftes Auftreten bei verschiedenen großen Hunderassen beobachtet.
Da nicht jeder Tierarzt in Untersuchungsmethoden gut geschult und erfahren ist und da es oft Tiere gibt, bei denen auch die Ultraschalluntersuchung nicht ganz eindeutig seine können (leichte- und Übergangsformen) sollte die Untersuchung im Hinblick auf züchterische Maßnahmen qualifizierten Fachtierärzten vorbehalten bleiben. Zur Zeit wird angestrebt, eine "Gesellschaft für Veterinärkardiologie (GVK)" zu gründen, deren Mitglieder über Befähigung zur Durchführung dieser Untersuchung verfügen.
Ventrikelseptumdefekt: Ein Defekt in der Scheidewand zwischen rechter und linker Kammer. Wegen der unterschiedlichen Drücke fließt Blut aus der linken (100-140 mm Hg)in die rechte Herzhälfte(20-25 mm Hg). Ist der Defekt nur klein, beeinflußt er Lebensdauer und Belastbarkeit nur wenig, Größere Defekte führen irgendwann zum Herzversagen, da die rechte Kammer überlastet wird und sich das Blut bis in die Lunge zurückstaut.
Die Diagnose ist durch ein lautes abhörbares Geräusch gut zu stellen.
Therapie: Ein operativer Verschluß des Defekts ist möglich, aber sehr aufwändig (offene Herzchirurgie).
Es gibt keinen Anhalt für eine Erblichkeit, auch wenn es gewisse Rassehäufungen gibt.
Persistierender Ductus Arteriosus Botalli (PDA): Während der Embryonalzeit atmen Säugetiere nicht, was sollten sie auch? Das Blut wird daher um die Lunge herumgeführt, der Sauerstoff kommt von Muttern. Nach dem ersten Atemzug verschließt sich der Umleitungsweg, die Lungen entfalten sich. Wenn das nicht klappt und eben dieser von Herrn Botalli entdeckt Gefäßweg offen bleibt, fließt auch hier wieder Blut von der linken in die rechte Herzhälfte. Es kommt zu einem verzögerten Wachstum. Der PDA ist eine der häufigsten kardialen Missbildungen. Zur Diagnose trägt ein lautes und typisches Herzgeräusch bei, eine Bestätigung sollte durch Herzultraschall erfolgen. Neben medikamentöser Therapie gibt es auch Möglichkeiten zur chirurgischen Heilung. Eine frühzeitige Behandlung sichert eine vollständige Heilung.
Es gibt auch hier wieder Rassehäufungen, auch bei kleineren Rassen.
Pulmonalstenose (PS): Auch dies ist ein häufiger angeborener Herzfehler. Die Pulmonalklappe trennt die rechte Herzkammer von der Blutbahn, die sauerstoffarmes Blut in die Lungen leitet. Treten hier Verengungen auf, führen diese zu Belastungsintoleranz. Oft ist die PS mit anderen Herzdefekten kombiniert. Diagnosemöglichkeiten sind auch hier das Abhorchen und (wesentlich sicherer) der Herzultraschall. Therapeutisch kommen in ersten Linie auch hier wieder körperliche Schonung etc. in Frage. Es gibt auch hier die Möglichkeit, die Engstelle mit einem Ballon aufzudehnen, mit guten Erfolgsaussichten bei leichteren Fällen. Insgesamt hat die PS eine bessere Prognose als die AS.
Rassehäufungen bei verschiedenen mittelgroßen Rassen.
Mitral- und Trikuspidalklappendysplasie: Diese Klappen trennen die Vorhöfe von den Kammern. Je nach Schweregrad der Fehlbildungen zeigen die betroffenen Tiere auch hierbei wieder Belastungsintoleranz, Rhythmusstörungen, Gewebewasser in Lungen oder Bauchbereich. Neben Herzgeräuschen wird die Diagnose sicherer mittels Ultraschall gestellt. Auch hier wiederum symtomatische Therapie mit entlastenden Medikamenten. Gegebenenfalls ist auch Aufdehnung mit einem Ballonkatheter möglich.
Rassehäufungen sind beschrieben.
Erworbene Herzerkrankungen
Sie entwickeln sich im Verlauf des Lebens und können bereits im Alter von ein bis zwei Jahren auftreten, sind jedoch meist ein Problem des gealterten Hundes. Genaue Zahlen gibt es nicht. Schätzungen gehen davon aus, dass 20 bis 50 % des Hunde älter als acht Jahre eine Herzerkrankung haben
Mitral- und Trikuspidalklappenendokardiose: Gehäuft bei kleinen Rassen. Durch zunehmende Verdickung der an sich hauchdünnen Klappensegel und nachfolgender Einlagerung von Flüssigkeit, Fetten, Salzen entstehen Klappenundichtigkeiten. Der Rest des Herzens funktioniert normal.
Eine genetische Veranlagung für Bindegewebs- und damit Klappenerkrankungen ist nachgewiesen, dennoch ist die genaue Ursache für eine MK-Endokardiose unbekannt.
Die Erkrankung kann schon beim recht jungen Hund beginnen (2 bis 3 Jahre), schreitet aber sehr langsam fort. Erste Symptome können ein Herzgeräusch oder ein “Klickton” sein. Bis dann Husten oder mangelnde Belastbarkeit hinzukommen, können Jahre vergehen. Nach Diagnosestellung sollte eine medikamentöse Therapie begonnen werden. Die Prognose ist insgesamt gut, eine komplette Heilung jedoch nicht möglich..
Eine Erblichkeit wird bei bestimmten kleinen Rassen diskutiert, hier sollten züchterische Maßnahmen ergriffen werden.
Dilatative Kardiomyopathie: Dilatativ heißt Erweiterung, Myopathie Muskelerkrankung und Kardio sagt, daß das Herz betroffen ist. Es handelt sich also um eine nicht normale Ausweitung/Vergrößerung des Herzmuskels. Durch die Vergrößerung werden die Muskelzellen gedehnt, die Pumpleistung wird dabei gemindert, weiterhin können Herzrhythmusstörungen auftreten.
Als Ursache werden Virusinfekte, Nährstoffmangel (Taurin, Selen, Carnitin) und Autoimmunerkrankungen diskutiert. Bei den meisten betroffenen Hunden wird die exakte Ursache jedoch nicht gefunden, ja, es sind nicht einmal die biochemischen Mechanismen bekannt, die eine DCM entstehen lassen. Diskutiert werden Mutationen, durch die Gene gestört werden, die für die Stoffwechselleistungen in der Herzmuskelzelle verantwortlich sind. Da familiäre Häufungen beschrieben sind und es Neigungen zu DCM bei einigen Hunderassen gibt, könnten auch genetische Faktoren eine dominierende Rolle bei der DCM spielen.
Diagnose durch Röntgen, EKG und Herzultraschall.
Die Therapie besteht aus Medikamentengabe. Heilung ist nicht möglich. Eine Prognose ist abhängig vom Zeitpunkt der Diagnose und von der Hunderasse.
Herzklappenentzündung: Die bakterielle Endokarditis ist die Entzündung der zarten Herzinnenhaut an Aorten- und/oder Mitralklappen. Rassedispositionen sind beschrieben. Die Ursache hierfürist unklar. Ausgelöst werden die Herzentzündungen durch andere Entzündungen im Körper. So werden z. B. Bakterien über die Blutbahn angeströmt und können etwa an verengten Aortenklappen hängenbleiben und sich dort ansiedeln und vermehren. Es kommt zur Klappenzerstörung. Teile des Infektionsherdes können weiter in den Körper gespült werden. So können dann neben plötzlich auftretenden Herzgeräuschen auch fieberhafte Allgemeininfektionen, Gelenkenzündungen und Organversagen auftreten.
Diagnose: Echokardiographie, mikrobiologische Erregeranzüchtung aus dem Blut.
Prognose: schlecht.
Diagnostische Möglichkeiten:
EKG: Jede einzelne Pumpaktion des Herzens wird in einem elektrischen Zentrum ausgelöst. Durch Weiterleiten des elektrischen Reizes kommt es zu einem geordneten Zusammenziehen der Muskelzellen und damit zum Pumpvorgang. Der elektrische Reiz läßt sich an der Haut registrieren und aufzeichnen.
Jedem Anteil der registrierten Kurve ist dabei eine ganz bestimmte Herzaktion zugeordnet.
Was kann man diagnostizieren: in erster Linie Rhythmusstörungen, wobei der Hund normalerweise einen UNregelmäßigen Herzschlag aufweist. Bei Erkrankungen sieht man Veränderungen im Verlauf der Stromkurve. Nicht immer ist dabei alles eindeutig sichtbar, oft gibt´s lediglich Hinweise auf Erkrankungen.
Echokardiographie: Der Herzultraschall vermag, in bewegten Bildern einzelne Herzstrukturen darzustellen, z.B. die Herzklappen, Verdickungen der Herzwände und Blutgerinnsel im Herzen. Man kann als geübter Untersucher auch die Pumpkraft des Herzens berechnen oder zumindest grob einschätzen. Wird das Echo noch mit einem Doppler gekoppelt, kann man sehr gut darstellen, wohin sich die einzelnen Blutflüsse bewegen. Es können damit Undichtigkeiten und deren Ausmaß erfaßt werden. Insgesamt eine prima Untersuchungsmethode. Die Ultraschallwellen sind unschädlich. Den einzigen Wermutstropfen sehe ich darin, daß der Untersucher einiges an Übung braucht, um sichere Diagnosen abgeben zu können. Dennoch der goldene Standard in der Herzuntersuchung.
Im Bild ein Beispiel für eine in der Echokardiograie zu sehende Aortenstenose. Deutlich zu sehen sind die wulstartigen Vorwölbungen (Pfeil), die einen Blutfluß von der linken Herzkammer (LV) in die Aorta sichtlich erschweren.
Röntgen: Das Herz wird inmitten des knöchernen Brustkorbs als Schatten sichtbar. Erkennen läßt sich die Größe insgesamt und gewisse Teilvergrößerungen. NICHT erkennen kann man die Klappen als solche oder die Herzkranzgefäße. Aussagekraft somit bei vielen Herzerkrankungen nicht sonderlich hoch, sondern nur als Zusatzinformation zu werten.
Abhorchen: Das Herz in seiner normalen Funktion verursacht typische und ganz charakteristische Geräusche, schon mit bloßem Ohr zu hören, wenn man dem Partner ´mal das Ohr auf die Brust legt. Mit einem Stethoskop hört man das noch viel besser. Bei Erkrankungen der Herzklappen gibt es andere Geräusche, die vorher typischen ändern sich und sind zu hören. Für jede Klappe gibt es typische Punkte, an denen man diese Geräusche überprüft. Für den geübten Abhorcher ein erster Hinweis auf Veränderungen, die IMMER, besonders bei klinischer Symtomatik, durch weitere Untersuchungen, z.B. Herzultraschall abgeklärt werden sollten.
Noch ein Wort zum Schluß: Angeborene Herzerkrankungen treten im Schnitt bei 2-5% der Hunde auf. In welchem Umfang der Hovawart von Herzerkrankungen betroffen ist, ist zur Zeit noch nicht ganz klar. Es ist daher wichtig, daß erkrankte Tiere dem RZV gemeldet werden. Die erstellte Diagnose durch den Tierarzt sollte dabei so genau wie möglich angegeben werden. Die erblichen Herzerkrankungen sind übrigens auch in den Soli-Fond aufgenommen worden, d.h. man bekommt im Erkrankungsfall finanzielle Unterstützung.
Für die Aortenstenose gibt es eine Anweisung der Zuchtleiterin (Der Hovawart 03´02).
Eine Liste der empfohlenen Tierärzte ist in Vorbereitung.
Aufmerksam machen möchte ich auch nochmals auf die "Gesellschaft für kynologische Forschung", die Gelder für Forschungsvorhaben sammelt und bereitstellt. (Infos unter http://www.gkf-bonn.de).
Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung: webmaster@der-hovawart.de
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